Alcalá la Real - Alcaudete

Jetzt weiß ich, was mir bisher auf diesem Weg gefehlt hat: Steinbrücken! Wir müssen zwar immer wieder durch mehr oder weniger trockene Wasserläufe, aber so schöne Steinbrücken gab es bisher noch nicht viele. Heute gibt es eine - immerhin!

 

Ansonsten verbringen wir viel Zeit erst in Feldern, dann am rechten Rand einer Nationalstraße, aber weit genug von ihr weg, dass sie die Lauffreude nicht stört. Schließlich unterqueren wir sie - auch wieder mit einem Wasserlauf - auf die andere Seite. Naja gut, die Unterführung ist ein bisschen gruselig und das erste Stück danach so, wie Wasserläufe eben manchmal sind: wild zugewuchert und voll Brennnesseln, aber dann geht es wieder sehr bequem weiter, bis wir am Ende wieder auf die Straße stoßen und dort über die Leitplanke klettern müssen. Hier ist, wer lange Beine hat, klar im Vorteil!

 

 

Ein Stückchen weiter begrüßt uns ein Esel ... naja, eher etwas scheu. Wir müssen uns wirklich ein bisschen Mühe geben, uns gegenseitig mit ihm zu fotografieren und dabei auch noch so auszusehen, als hätten wir ihm nicht hinterherwetzen müssen, um dieses Bild hinzukriegen.

 

Im nächsten Ort finden wir auf dem Dorfplatz eine Bar. Die Sonne scheint und es ist merklich wärmer geworden, also bleiben wir draußen sitzen, bestellen verschiedene Tapas und lernen ein neues Wort: morcilla ist Blutwurst. Thomas beteuert zwar, sie würde richtig gut schmecken, aber ich glaube, dieses Wort merken wir uns beide, damit wir es nicht aus Versehen noch einmal bestellen.

 

 

Am Ortseingang von Alcaudete finden wir diesen Muschelstein! Ist er nicht klasse?!!!

 

Dieser Ort wird für mich eine kleine Herausforderung, denn ich bin müde, meine Füße tun mir weh und es ist unglaublich, wie viele Straßen man rund um eine Burg ganz oben auf einem Hügel legen kann!

Ich weiß, dass es hier eine Herberge gibt ... und die liegt ziemlich weit oben. Also gut, Pobacken zusammenkneifen und hoch!

Der Hospitalero, selbst Pilger und ursprünglich aus England, ist auch da, schaut uns aber ein bisschen ... verkniffen an. Er hatte wohl vor ein paar Tagen Besuch von der Polizei. Irgendjemand hat ihn wegen seiner Herberge angezeigt. Hm.

Och nee, Kinders, kommt! Der hat 6 Betten, in denen er Rucksackträger gegen eine Spende übernachten lässt; so einen zeigt man nicht an! Was ist das denn für ein Armutszeugnis?! Wenn es tatsächlich, die Vermutung liegt ja nahe, eine Pension oder ein Hotel war, dann hat es das ganz offensichtlich nötig ... und zwar dringend! Das tut man nicht! - Tut mir leid, aber so viel kleinkarrierter Kleinmut macht mich ungehalten!

Er erzählt uns, da sei ein Pilger da gewesen und habe sich alles angeguckt. Er sei ihm schon gleich komisch vorgekommen, denn er sei - Achtung! - so sauber gewesen (laaach!) und hätte keinen Rucksack dabei gehabt. Jetzt komme ich mir aber richtig komisch vor, denn ich möchte mir selbstverständlich auch alles ansehen, damit ich es in meinem Bauchfüßler schreiben kann. Bin ich froh, dass ich nicht mehr ganz sauber bin! ... und eine Visitenkarte dabei habe, mit der ich ganz klar und eindeutig belegen kann, dass ich eine Homepage habe, auf der man meine Pilgerführer findet (euch brauche ich das nicht mehr zu sagen, denn ihr seid ja schon da).

In der Herberge muss noch einiges getan werden, das weiß er selbst und ist fleißig am wurschteln, aber wenn die mal fertig ist, wird die richtig schön, eine besondere Herberge, davon bin ich fest überzeugt!

Er ziert sich auch ein bisschen uns abzuweisen, aber ich möchte auf keinen Fall, dass er wegen uns zusätzlichen Ärger bekommt, also ziehen wir wieder von dannen, schlängeln uns durch die Gassen, die sich immer schlimmer ziehen, wieder hinunter und stehen in einem Hotel, das eine große Pilgermuschel auf seiner Markise trägt, ... vor verschlossenen Türen. Ich könnte kotzen! Ein Anruf genügt, da öffnet sich oben ein Fenster und ein älterer Herr erklärt uns minutenlang, dass er gleich nach unten kommen würde. Nur noch einen Augenblick. - Ja hat den denn der wilde Affe gebissen?! Der steht da oben und ratscht gemütlich, während mir hier unten alle Sünden einfallen - nicht nur die Totsünden, weil davon habe ich nicht so viele, sondern jede einzelne noch so kleinste Sünde, jedes Gummibärchen, das ich während einer Fastenkur doch vernascht habe (und das sind viele!), jede kleinste Übertreibung (das sind noch mehr!), jedes nicht wirklich gemeinte guten Tag (das sind nicht so viele, weil da bin ich ein bisschen eigen - und inzwischen bin ich auf die Idee gebracht worden, statt guten Tag lieber grüß Gott zu wünschen, wenn das angebracht ist. Lach! Ich höre jetzt schon das gerede: Nun wird sie endgültig von einem Heiligenschein erschlagen! Dabei meine ich das dann sehr unheilig .... w ö r t l i c h, und zwar aber flott!).

Als er sich dann endlich wirklich herunterbemüht (die Treppe vom zweiten Stock herunter muss ziemlich lange sein!), quasselt er uns weiter die Ohren voll. Ich klinke mich aus, geh an ihm vorbei hinein und ziehe meine Schuhe aus. Ein bisschen sehr unhöflich ist das, aber mir geht 1. der Nerv aus und 2. werde ich das Gefühl nicht los, dass wir es hier mit jemandem zu tun haben, der sich nicht scheut, ein Armutszeugnis abzugeben.

Endlich im Zimmer, beiße ich die Zähne zusammen und gehe erst duschen und lege mich dann erst ins Bett - in umgekehrter Reihenfolge wäre ich mit Sicherheit stinkig stinkend eingeschlafen.