Granada - der Tag, auf den ich mich so lange so gnadenlos gefreut habe: Wir besuchen die Alhambra!

Ich bin total aufgeregt: Heute geht es nun also in die Alhambra! Ich bin so aufgeregt, dass ich in der Nacht nur ganz schlecht geschlafen habe, und völlig in Panik, dass wir mit unserem Voucher am Ende doch vor geöffneten Türen bleiben müssen. In all meiner Hektik lasse ich prompt alle meine Aufzeichnungen im Hotel liegen. So ein ausgemachter Fettkäse! Ich merke es erst, als wir schon längst im Bus sitzen und fast oben sind. Na klasse! Und jetzt? Noch einmal zurückfahren und riskieren zu spät zu kommen? - Auf gar keinen Fall! Ich bin nicht so gut darin, mich holterdipolter umzustellen und statt mich statt wohl vorbereitet und mit gesammeltem Wissen auf Einfachnurmitdenaugensehen umzustellen, dabei ist es vielleicht genau das, wie man die Alhambra sehen sollte: Wie eine italienische Oper - man muss den Text nicht verstehen, sondern einfach die Musik fühlen. Bei Nabucco hat es hervorragend funktioniert ... so sehr, dass sogar unsere Leben ein bisschen ... sehr eingenommen waren von der Oper ... auch wenn Linus auf meine Ankündigung, "und nächstes Jahr gehen wir in Aida!", ein ... bisschen missverstanden hat und völlig begeistert antwortete: "Oh, klasse, ich wollte schon immer eine Kreuzfahrt machen!" - Aber das gehört jetzt gerade nur in so fern hierher, als ich mich genau an diesem Beispiel festhalte, um zu beschließen, den Kopf auszuschalten, nur mit den Augen zu gucken und mit dem Bauch aufzunehmen. Ich knabber noch ein bisschen ... und kaufe mir ein Buch,nur für den Fall, dass mein Kopf durchdreht ... was er nicht tut und nun völlig unnötiger Weise zur Folge hat, dass ich in den nächsten Tagen über 1 kg Papier für nix und wieder nix durch Südspanien schleppe. Na klasse!

Wie gesagt: Ich sehe nicht einmal in das Buch hinein, denn mein Kopf ist sehr einsichtig, zieht sich diskret zurück und überlässt mich meinen Augen und meinem Bauch, die mich so einnehmen, dass ich immer wieder die Welt um mich herum vergesse. Wir haben einen sehr netten Führer, der ununterbrochen in ein Mikrofon redet, während wir über Ohrstöpsel seinen Informationen andächtig lauschen. In den Nasridenpalästen befreie ich meine Ohren, damit die sich ebenfalls diskret zu meinem Kopf gesellen können. Immer wieder vergesse ich rund um mich herum alles, denn diese Traumkulissen aus 1001 Nacht sind einfach atemberaubend schön. Irgendwann kriege ich mit, wie Thomas und unser Führer mir zuwinken. Ich winke ihnen zurück, völlig eingenommen von den Säulen, Zwickeln, Stuckdekorationen und Stalaktiten, von den arabischen Schriftzügen, die überall zu sehen sind und Gott und die Schönheit der Räume preisen ... und erschrecke, denn das Winken wird nachdrücklicher und da erst merke ich, dass die beiden wieder zurückgekommen sind (was gar nicht so einfach ist, weil immer, wenn man einen Bereich verlässt, hinter den Besuchern eine Absperrung geschlossen wird und Wächter mit Argusaugen aufpassen, dass auch nur ja niemand wieder zurückgeht). Hups!

 

 

Im Vorfeld hat ein Bekannter mir, als ich mich darüber ausließ, dass wir viiiiel zu wenig Zeit haben würden (die ist in der Alhambra allerstrengstens reglementiert), entgegnet, dass ich nach drei Stunden nur zu gerne die Alhambra verlassen würde, weil ich einfach gar nichts mehr aufnehmen könnte. Ich wollte es nicht glauben, aber er hatte recht: Irgendwann ist in mir nur noch ein großer Klumpen Eindrücke.

 

Hier haben wir im Gegensatz zu gestern wirklich absolutes Glück mit unserem Führer. Trotzdem fehlt mir einfach die Ruhe. Ich würde mich so gerne einmal in eine Ecke hocken und die Räume auf mich wirken lassen. Aber ich fürchte, auch alleine wären ganz bestimmt gleich irgendwelche ach so helfenden Geister zur Stelle, die mich auffordern würden weiterzugehen. Ich kann es ja auch verstehen, denn täglich 5.500 Besucher - das muss wirklich straff organisiert sein. Schade finde ich es trotzdem, denn jede Wand, jeder Bogen, jede Decke, jeder Schnörksel sind so unsagbar schön!