Granada

Als erstes machen wir uns auf den Weg zur Alhambra, weil wir uns nicht sicher sind, ob wir unser Voucher  in richtige Eintrittskarten umtauschen müssen. Außerdem wollen wir gucken, wo es lang geht und wie lange wir brauchen. Es war so eine Aufregung, überhaupt noch Tickets zu bekommen, jetzt wollen wir ganz bestimmt nichts verkehrt machen und womöglich nicht hineinkommen. Ich weiß, schön doof ist das, aber da bin ich übervorsichtig ... wenn auch völlig zu unrecht: Zur Alhambra hinaus fährt sehr bequem ein Bus und mein Papier reicht völlig, wir sollen morgen nur nach einer Dame mit Sonnenbrille suchen. Ich frage noch dreimal nach, ob der, der uns das sagt, sich da auch ganz sicher ist, bedanke mich aber artig, bevor er mir einen Knoten in meinen nervigen Hals knüpft. Hach ja, manchmal ist es wirklich eine gute Idee vom lieben Gott gewesen, dass er Gedanken keine Töne gegeben hat.

 

Hinunter in die Stadt fahren wir mit dem Bus, steigen, weil wir da gerade eine Kirche gesehen haben, viel zu früh aus und schlendern dann auch noch in die falsche Richtung weiter. So machen wir zwar einen ziemlichen Umweg, sehen dabei aber auch - typisch wir - Gassen und Plätze, zu denen sich außer uns ganz bestimmt kein Tourist verläuft ... weil die auch wirklich nicht so schön sind ... aber interessant, denn das ist eben auch Granada, nur eben ohne Tourigeschnörksel. Im Rathaus werfen wir einen Blick in dessen Patio und kommen endlich irgendwie dann doch zur Kathedrale.

Ich glaube, ich war noch nie in einer derart weitläufigen Kirche. Sie ist riesig, ihre fünf unglaublich hohen Schiffe sind zwar durch Kreuzsäulen gegliedert, aufber durch ihre helle Farbe, die Fenster und den vielen freien Raum dazwischen wirkt sie ... einfach noch ein bisschen riesiger als sie eh schon ist, hell, voll Licht und richtig ein bisschen graziös. Alles Wissenswerte erzählt uns ein Audioguide, der im Eintritt von 4,-- enthalten ist. Besonders interessant sind die beiden Orgeln aus dem 18. Jh., von der eine noch mit der originalen Mechanik pfeift, die Figur oben auf dem Silbernen Hauptaltar mit verbundenen Augen (glauben ohne zu sehen), die mich an la Fé, der Glaube, am Nordportal der Kathedrale von Santiago erinnert, und die riesige Buchstütze. Die Bücher, die auf ihr lagen, sind im Chorrund ausgestellt und glaubt mit: Um sie zu lesen bräuchte niemand eine Lesebrille.

 

 

 

Santiago finden wir bei seinen Apostelkollegen an den Säulen rund um den Altar, auf einem Rentabel rechts neben dem Eingang zur Sakristei und im ersten Seitenaltar hereinkommend links in der Capilla der Virgen dem Pilar.

 

Was ich auch total interessant finde, weil ich mich ja auf diesen Weg vorbereitet und eine ganze Menge recherchiert habe:In der hereinkommend zweiten Kapelle rechts auf der linken Seite unten befindet sich eine Kopie des Gemäldes Cristo del Pan(Schruzel drauf)o. Sein Original hat während des Bürgerkrieges hier Zuflucht gefunden, wurde dann aber wieder an seinen Heimatort Moclín zurückgegeben und wird dort so verehrt, dass jährlich tausende von Menschen das Dörfchen stürmen, um es zu besuchen und in einer Prozession durch die Straßen zu tragen.

Anschließend gehen wir quasi wieder fast so zurück, wie wir vorher mit Ach und Krach wieder zur Kathedrale gefunden haben, nur eben umgekehrt und bewusst, weil wir ja jetzt wissen, wo wir sind ... naja, im Groben zumindest. Schließlich fahren wir in den Stadtteil Sacramonte und besuchen als erstes die Abtei, von der ich so viel wegen der Bleibücher und der Fundstätten der Gebeine Heiliger gelesen habe. Ein Besuch ist nur mit Führung möglich und die macht ein total hektisches Mädel, die offensichtlich gerade damit hadert, dass sie ihre Zeit viel lustiger verbringen könnte als damit, Touristen hier durchzuführen. Ich wette, ihr Spanisch versteht noch nicht einmal ein Spanier! Dieter Thomas Heck war eine Schlaftablette gegen sie! Anfangs tut sie zumindest noch so, als würde sie ihre Erklärungen ins Englische übersetzen und das ist jetzt volle Dröhnung: grausiger Dialekt und Geschwindigkeit, nein, meine Lieben, das ist komplett für die Füße. Darum sind wir heilfroh, dass einige unserer Mittouristen uns das, was sie aus den Maschinengewehrausführungen mitbekommen haben ... schließlich legen wir einfach zusammen, was jeder von uns auch ohne das Mädel über die Abtei weiß. Das findet die nun so ganz und gar nicht mehr lustig und wird immer schneller - jetzt nicht mehr mit Worten, sondern im Schritt.

 

Während wir noch über die Symbolik des Davidsterns diskutieren (und die ist klasse und holt ihn endlich auch für mich aus der deutschen Geschichte heraus: zwei Dreiecke, eins zeigt nach oben (Gott), eins nach unten (Menschen), ineinander verschlungen (unlösbare Verbindung zwischen Gott und den Menschen); die sechs Zacken stehen für die sechs Tage der Schaffungsgeschichte, das Zentrum für den siebten, den Ruhetag), rennt müssen wir uns wirklich Mühe geben, auch nur halbwegs mit ihr Schritt zu halten.

In der Kirche werde ich dann auch noch penetrant, weil ich Jakobus entdecke, durch die Höhlen schleust sie uns nur noch im Sauseschritt hindurch und bevor mir unsere Mitgucker erklären können, dass in der letzten Kapelle die Jakobspilger ihren Segen bekommen haben, sind wir auch schon wieder draußen und das Mädel längst mit den Dingen beschäftigt, von denen wir sie unverschämter Weise abgehalten haben. Na klasse! Jetzt bin ich doch angesäuert, denn diese Information hätte ich schon noch gerne drinnen gehabt. Aber es nutzt ja nix. Zumindest weiß ich jetzt, dass der Camino also eigentlich gar nicht in der Kathedrale beginnt, sondern hier in der Abtei! Und prompt finden wir auf unserem Weg zurück ins eigentliche Sacramonte gelbe Pfeile!

 

Sacramonte ist ja der Teil von Granada, in dem die Gitanos, die Zigeuner, in Höhlen wohnten. Nun bin ich ja, trotz fortgeschrittenen Alters, ein absoluter Fan von Kästners Justus und Nichtraucher und stellte mir das total romantisch vor - ist es aber nicht. Nicht mehr. Gitanos sucht man hier vergeblich, denn die haben sich offensichtlich inzwischen auf der anderen Seite des Flusstals niedergelassen. Auf dieser Seite gibt es dafür ein Museum (ganz nett, aber ich würde es jetzt nicht als Muss bezeichnen) und Flamenco-Bars.