Castro del Rio - Santa Cruz

Der Weg führt uns heute nicht mehr nur durch Olivenhaine, sondern sehr schön abwechselnd durch Wiesen und Felder. Blöd ist nur ein bisschen, dass wir schon ganz lange vorher sehen, dass Espejo wieder ganz weit oben auf einem Hügel liegt. Das heißt: Wir müssen da bergauf, auch wenn unbebergt sehr viel angenehmer ist.

In Espejo führen die Pfeile wohl noch ein ganzes Stück umständlich rundherum. Zumindest sehen wir, als wir nach unserer Pause in einer Bar auf dem Hauptplatz zielstrebig genau in die falsche Richtung laufen, uns die Pfeile entgegenkommen. Nun, so wissen wir zumindest, dass wir auch noch das letzte und nicht unknackige Stück, das wir gerade hinaufgeschnauft sind, jetzt wieder, nachdem wir von oben von einem Aussichtspunkt die Weitsicht genossen haben, hinunter müssen. Schwups stehen wir also wieder auf dem Platz und verlassen ihn jetzt in die richtige Richtung.

Santa Cruz sehen wir schon gleich noch in Espejo in der Ferne liegen, gut zu erkennen an einem kastenartigen Gebäude mit Turm. Von hier sieht der Weg gar nicht so schlimm aus, tatsächlich aber zieht er sich schier endlos. Ich stecke mir mein Hörbuch in die Ohren und trabe vor mich hin, ganz in die Geschichte versunken. Dabei merke aber ich gar nicht mehr, dass ich Thomas und Mathias offensichtlich ein ganzes Stück hinter mir lassen. Als ich an eine Wegteilung mit Gut- und Schlechtwettervariante komme, nehme ich die Stöpsel aus den Ohren und just in diesem Moment klingelt mein Telefon. Thomas und Mathias haben mich aus den Augen verloren (ich gucke mich um und bin ganz erschrocken, weil ich sie auch nicht sehe), machen jetzt eine Pause ... und teilen sich Mathias Vorräte, weil die Verpflegung in meinem Rucksack ist. Hups! ... Oh, das ist ja fein! Ich habe eh hunger und - schwups! - liege ich neben meinem Rucksack in der Sonne und muffele genüsslich das, was ich sonst mit Thomas teilen müsste!

Gemeinsam nehmen wir den Gutwetterweg (der für nass und matschig gibt es eine Variante geradeaus weiter auf dem breiten Weg) und pilgern über einen wunderschönen Hubbel mit Olivenbäumen und verstreuten Felsstücken.

Irgendwann sehen wir Santa Cruz endlich zum Greifen nahe vor uns liegen ... und müssen mit dem Weg erst noch in einem weiten Bogen links herum um ein großes Feld.  Das ist nun wirklich gemein und wird auch nicht besser, als wir hinter einem Fluss auf eine doch reichlich befahrene Strasse geführt werden. Der Sinn, warum wir rechts und nicht links gehen sollen, erschließt sich uns erst am Ende einer Brücke, denn hier folgen die Pfeile nicht mehr einfach nur so in die Stadt, sondern heißen uns den Damm hinunter zu klettern, nach rechts zu wenden, um dann in einem Linksbogen und schließlich linksgeradeaus doch wieder auf ihr zu landen. Dafür ist das Hostel dann wirklich nur noch einen Katzensprung entfernt und hat, was jetzt gerade viel wichtiger ist als alles andere, eine Bar.

Kaum haben wir unsere Schuhe ausgezogen und die ersten Schlucke genommen, sehen wir einen weiteren Rucksackträger kommen. Nee, ne?! Wir können es schier nicht glauben: Wir sind,wie Mathias, in der Erwartung gestartet, ganzes alleine auf weiter Flur zu sein. Dann haben wir uns gleich am ersten Lauftag gegenseitig gefunden und nun ist da noch einer. Und was soll ich sagen? Er kommt aus Deutschland! - Allerdings ist er ein gutes Stück jünger und sportlicher als wir und heute morgen da gestartet, wo wir gestern losgegangen sind. Mir macht das schon eine ganze Menge Ehrfurcht. Ich glaube, ich hätte in seinem Alter nicht einen Schritt mehr geschafft als heute, aber ich finde es so Klasse, was für unsagbar grossartige Möglichkeiten Menschen wie er haben. Und er nimmt sie alle voll Freude und Lust beim Schöpfe. Sein Spaß an Wanderungen, sei es auf einem der Camino oder in den Alpen, strahlt ihm geradezu aus den Augen und ich bin fast ein bisschen neidisch, als ich das sehe.

Als wir so über die morgige letzte Etappe vor Cordoba zu sprechen kommen, muss ich feststellen, dass ich einen ganz fatalen Fehler gemacht habe und die ganze Zeit von einer völlig falschen Entfernung ausgegangen bin. Ich habe mir wohl bei einer Absatzkopiert der Überschrift eine Kilometerzahl von vorher mit herübergezogen und habe sie nicht verbessert. Ich bin, als wir die Tage überschlagen haben, immer von 13 km ausgegangen. Als ich mir jetzt den Text genauer ansehen, kommt mir das Schlucken: Es ist rund doppelt so weit! Also wird es nichts mit dem zweiten Frühstück in Cordoba, eher mit einem Abendessen. Das schockiert mich nun doch - eigentlich nicht, wegen der Kilometer, sondern weil ich 1. auf etwas anderes eingestellt war und 2. nicht weiß, ob eine so lange Strecke für Thomas eine gute Idee ist. Tatsächlich schielt er einmal kurz nach der Bushaltestelle, die gleich am Hostel liegt, und knurzt auch mit dem Gedanken, sie zu benutzen. Wenn es dabei bleibt, denke ich, werde ich ihn ganz sicher nicht versuchen zum Laufen zu überreden. Ich weiß, wie schwer ihm diese Entscheidung dann fällt. Aber ich trau dem Liebgeäugel nicht wirklich und als ich mit Matthias auf den letzten Drücker zum Supermarkt wetze, kaufe ich vorsichtshalber für Thomas mit ein. Notfalls kann er seine Sachen ja im Bus essen.

Nachdem wir dann auch noch alle frisch geduscht ne entstünden sind, treffen wir uns wieder im Restaurant, essen zusammen und haben einen richtig schönen Abend.

Allerdings muss ich sagen, dass ich eine sehr unruhige Nacht habe. Die falsche Kilometerzahl hat mich komplett aus den Gleisen geworfen. Ich habe mir den aTag morgen so ganz anders vorgestellt und wenn ich mal in meinen Luftschlössern die Gardinen aufgehängt habe, fällt s mir unsagbar schwer, wenn ich sie gegen eine andere Behausung tauschen muss, selbst, wenn es dafür ein Palast ist .... wobei ich 13 km zusätzlich nun weiß Gott nicht als Palast bezeichnen würde. Ich denke, Gästebad oder Abstellkammer wären da zutreffender.