Pinos Puente - Moclín

Paco hat uns gestern gezeigt, wie der Weg weitergeht. Es gibt zwei Möglichkeiten: 1. An der Straße entlang oder 2. von ihr nach links weg und quer durch's Geräusch. Der zweite Weg sei schöner, aber man würde nasse Füße kriegen.

In den letzten Tagen hat es keinen Tropfen geregnet, so dass ich mir das mit den nassen Füßen gar nicht vorstellen kann. Also beschließe ich, ich mag eh Straßen so ganz und gar nicht gerne, diesen Weg zu nehmen. Thomas dagegen, dem asphaltierter Untergrund angenehmer ist, bleibt auf der Straße, auf der nur ganz selten ein Auto fährt.

 

Paco hat nicht zu viel versprochen: Der Weg macht richtig Spaß! Erst geht es noch auf befestigten Wirtschaftswegen, dann aber auf einem Trampelpfad durch hüfthohes Gras. Ach, ich liebe das! Ab und zu ist es ein bisschen schwierig, die gelben Pfeile zu finden und dann auch noch richtig zu deuten, aber ich wusel mich durch. Einmal muss ich durch einen metertiefen Graben und sehe einen frischen Fußabdruck. Der gehört bestimmt Mathias, der dann also vor uns ist. Wer sonst würde hier zu Fuß in der Gegend herumwuseln?

Also wenn Paco diese Stelle gemeint hat mit dem Fußbad, hat er sich geirrt. Dieser Wasserlauf ist so was von trocken! - Hat er aber nicht und ich gestehe nassen Strumpfes: Er hatte recht! Kurz vor dem winzigen Weiler Bucor muss ich nämlich den Fluss durchwaten.

Ich habe fest mit einem Brückchen gerechnet. Das gibt es aber nicht. Die Bauern sind ja landläufig nicht zu Fuss unterwegs, sondern mit Traktor oder Auto. Da macht man sich keine Gedanken um trockene Socken.

Also struppe ich meine Hosenbeine hoch. Das Wasser ist nicht tief, aber so breit, dass ich nicht mal eben mit zwei Schritten auf die andere Seite komme. Gut, ich gehe auch ein bisschen sehr langsam und vorsichtig. Irgendwie habe ich da eine Angstmacke. Aber gut, Macken sind dafür da, dass man zum Bären mutiert, der Gefahr mutig in die Augen sieht und ... so langsam und vorsichtig ein Gewässerchen kreuzt, dass das Nass ganz viel Zeit hat, auch die noch so sorgfältig imprägnierten Nähte zu durchdringen. Dann verliere ich vor lauter Vorsicht das Gleichgewicht und tappe natürlich mitten da hinein, wo das Flüsschen besonders tief ist. Na klasse!

 

In Bucor treffen  beide Wege wieder zusammen, aber unsere Hoffnung auf eine Tasse Kaffee verliert sich zwischen drei halb verfallenen Häusern, zwei Pferden und einer Hand voll kläffender Hunde.

 

Erst  in Olivares finden wir eine Bar und kommen endlich, endlich zu unserer ersten Tasse Kaffee. Diesen Fehler machen wir nie wieder! Sonst laufen wir morgens immer erstmal los und frühstücken nach dem ersten einen oder anderen Kilometer. Hier sind die Entfernungen zwischen den Orten und damit zur nächsten Bar wesentlich größer. Wir müssen umdenken und nehmen, wann immer wir etwas kriegen können.

Wir bleiben im Schutz eines Zeltes draußen sitzen, aber es ist doch ziemlich kühl und wir müssen uns ein bisschen einmummeln. Ha! Das wäre doch eine Idee für einen neuen Warnaufdruck auf Zigarettenschachteln: Rauchen kann zu Erfrierungen führen!

Irgendwann kommt Mathias aus der Bar. Der hatte es wärmer als wir! Er setzt sich noch einmal zu uns und ... wir nutzen alle die Gelegenheit und bestellen noch ein Tässchen. Am Ende brechen wir gemeinsam auf. 

Der Weg nach Moclín, dem höchsten Punkt dieses Caminos, ist zwar breit, bequem und richtig gut ausgebaut, aber man hat vergessen, einen Fahrstuhl oder eine Rolltreppe mit anzulegen. Es geht  steil bergauf. Thomas schnauft vor sich hin, ich wackel hinterher, mache ganz viele Fotos (dann sieht es nicht so doof aus, dass ich stehen-bleiben und verschnaufen muss) und bin richtig froh, dass Mathias neben mir geht, sich mit mir unterhält und von der Steigung ablenkt.

 

Gleich das erste Haus rechts ist eine Casa Rural. Wir rufen und klopfen, aber es lässt sich trotz langer Bemühungen niemand sehen. Also geben wir auf und gehen weiter. Ich weiß, wo es eine Bar geben soll. Tatsächlich führen die gelben Pfeile genau an ihr vorbei. Einen Supermarkt gibt es noch vor der Bar direkt an der Ecke. Während ich für kleine Pilgerinnen gehe, bestellen die Jungs einen Kaffee für mich mit und strahlen mir erwartungsfroh entgegen: Sie haben inzwischen eine Telefonnummer aufgetan und nur auf mich gewartet, damit ich dort anrufen soll, weil ich ja am besten Spanisch könnte. Jetzt muss ich doch Mal lachen: Unter Blinden ist der Maulwurf König! Freilich kann ich anrufen, wohlerzogen buenos dias wünschen und nach zwei habitaciónes fragen, eins induvidual und eins doble, aber mit der Antwort bin ich komplett überfordert.

 

ICH weiß, welche Worte ich verstehe, aber die Dame am anderen Ende leider nicht. Ha!, diesen Schuh kann man auch umdrehen und so reiche ich das Telefon an Thomas weiter, der zwar auch etwas radebrecht und lauscht, am Ende aber nur mit den Schultern zucken kann, weil die Dame aufgelegt hat.

Wir sind ein bisschen unschlüssig, abe rnoch bevor ich meinen Kaffee ausgetrunken habe, kommt eine Dame um die Ecke, strahlt und fragt, ob wir die peregrinos sind. Das ist ja süß! Weil sie gemerkt hat, dass eine Wegbeschreibung bei uns so sinnvoll ist, wie wenn man einem Elefanten auf Spitzen tanzen beibringen will, holt sie uns einfach ab. Gut, ihre Pension liegt auch gleich um die Ecke - für uns ein echter Glücksgriff, denn Thomas und ich bekommen ein Apartment mit kleiner Küche, so dass wir beschließen, uns ein paar Kleinigkeiten im Supermärktchen zu besorgen und einfach hier zu Abend zu essen.

Aber vorher steigen wir noch zur Kirche hinauf, denn vom Crito del Pan(schruzeldrauf)o habe ich so viel gelesen, dass ich es mir unbedingt anschauen möchte. Freilich ist das Gotteshaus verschlossen, aber es gibt einen kleinen Hineinguck und für 1,-- € geht das Licht an, so dass man das Gemälde gut sehen kann. Anfassen muss ich es ja nicht, weil dass es u. a. von Unfruchtbarkeit heilen soll ...