Granada - Pinos Puente

Jetzt geht es los - und es tut fast gar nicht weh. Natürlich fällt es uns nicht leicht, diese tolle Stadt zu verlassen, aber unsere Köpfe waren gestern nach der Alhambra ehrlich gesagt ein bisschen übervoll mit Eindrücken. Wir brauchen eine kleine Kulturpause, da sind ein paar Tage laufen in der Natur vielleicht genau das Richtige ... auch wenn unsere Bäuche noch ein bisschen davon überzeugt werden müssen.

 

 

So stapfen wir zumindest halbwegs guter Dinge aus Granada hinaus ... und ich muss schon bald feststellen, dass alles, was ich daheim zusammengetragen habe, vorne und hinten nicht funktioniert. Die Wegführung ist völlig anders. Aber das macht ja nichts,weil deshalb bin ich ja hier.

 

Wir haben die Stadt noch nicht richtig verlassen, da wünschen uns die Menschen auf der Straße schon buen camino - ich habe das in den letzten Monaten so sehr vermisst! 

 Ich habe insgesamt das Gefühl, dass man sehr auf uns achtet. In Maracena, also dem ersten Ort, erklären uns zwei junge Männer sehr genau den Weg zur Polizei. Wir verstehen zwar nicht, was wir dort sollen, aber der Camino führt eh daran vorbei und dann sehe ich einen Hinweis, dass sich in der Polizeistation auch eine Pilgerinformation befindet. Naja, das mit den Informationen beschränkt sich nur auf das Ortsgebiet, aber wir bekommen einen Stempel und alles Gute für unseren Weg gewünscht!

 

Nur wenige  Meter weiter nimmt uns eine Dame unter ihre Fittiche und begleitet uns fast durch den ganzen Ort. Auch in Starte bekommen wir bei der Polizei einen Stempel und das sehr sorgfältig. Der Herr muss erst einmal den Datumsstempel einstellen und prüft ihn sehr gewissenhaft auf seine Richtigkeit. 

 

 

 

Es kommt ein langes und ziemlich ödes Stück entlang einer Bahntrasse. Hin und wieder gucken wir zurück und sehen noch die Berge der Sierra Nevada, dem höchsten Gebirge Spaniens, damit wir  nicht immer nach vorne schauen müssen, wo wir nur sehen, dass es 1. nichts zu sehen gibt und das 2. noch ziemlich lange. Endlich, endlich taucht in der Ferne eine Brücke auf hinter der Pinos Puente liegt, aber der Nachteil an solch geraden und ebenen Strecken ist, dass man schon ganz lange vorher sehen kann, wo man noch ganz lange hinstupfeln muss. Aber so ist das eben, wenn man aus einer Stadt hinausläuft. Es braucht eben ein Weilchen, bis man in schöne Natur kommt.

 

 

 

Die Puente Virgen wird oft als die einzige westgotische Brücke Spaniens bezeichnet, stammt aber, so schön sie ist, "erst" aus dem 10. maurischen Jh.

Geschichtlich gibt tritt das Dörfchen zweimal auf und das nicht ungewichtig, einmal als Schauplatz der Schlacht beim Feigenbäumchen zu maurischen Zeiten, als ein Kampf um die Emirwürde in einem grausigen Desaster endete, das nur ein einzelnes Feigenbäumchen überlebte, und einmal, als Kolumbus mit seinen Plänen, einen Seeweg nach Westen nach Indien zu finden, bei Isabel der Katholischen gescheitert war. Unverrichteter Dinge machte er sich auf nach Frankreich, um dort einen Sponsor zu finden. Dann aber wuselten die Gedanken unter der königlichen Krone herum und sie überlegte es sich anders und schickte Kolumbus einen Boten hinterher, der ihn eben hier einfing.

 

 

 

In Pinos Puente gibt es eine Herberge, die habe ich vorher gefunden und weiß auch, wo sie ist. Allerdings kann ich mir in Anbetracht der Pilgermassen nicht vorstellen, dass dort jemand ausgerechnet auf uns wartet. Also laufen wir auch hier die Polizeistation an und drei Anrufe später erklärt uns der Beamte (ein junger, schnuckeliger Kerl ist das, das muss ich schon sagen), dass wir an der Brücke warten sollen und uns da bald jemand abholt.

Während wir dort sitzen, werden wir zu bunten Hunden, die die Dorfjugend anziehen. Anfangs ist das ja lustig, aber dann kommen sie mir doch ein bisschen zu nahe. Wir gehen etwas um die Ecke herum, was uns aber nur wenige ruhige Momente bringt ... in denen noch ein Pilger seines Weges kommt. Wir können es schier gar nicht glauben, sind wir doch ganz feste davon ausgegangen, dass wir alleine unterwegs sein werden. Jetzt sind wir zu dritt! Mathias kommt auch aus Deutschland und so können wir miteinander plauschen, ohne nach Vokabeln und der richtigen Grammatik zu suchen. Das ist ja noch schöner!

 Plötzlich hält ein Polizeiauto und die beiden Beamten steigen aus. Es ist nicht leicht, ihnen zu erklären, dass wir auf den Hispitalero warten, der uns hier abholen will. Dann begreifen wir, dass sie angehalten haben, um uns zu schützen. Diese Seite des Flusses sei sehr problematisch und wir sollen unsere Rucksäcke gut festhalten. Und hier sollen wir schlafen? - Nee, ne! Die Herberge liegt nicht nur auf der problematischen Seite der Brücke, sondern auch noch eine ganze Strecke ab vom Schuss. Hm.

 Da kommt dann auch der Hospitalero seines Weges, ein sehr netter älterer Herr, der eigentlich nur den richtigen Herbergsvater vertritt. Wenn ich alles richtig verstanden habe, heißt der richtige Hospitalero Manuel oder Lollo (Spitzname), wohnt auch auf dem kleinen ... naja, so ein bisschen etwas wie ein Bauernhof, ist aber leider im Moment nicht da, sondern liegt im Krankenhaus. Hm. Zumindest ansehen wollen wir uns die Albergue. Gut, sie hat ein großes, gewaltiges Tor, das wir abschließen können, und die drei Hunde werden uns notfalls auch wecken, wenn jemand auf das Grundstück kommt. Wir finden es auch ganz großartig, dass es hier überhaupt eine Herberge gibt. Aber als Paco, der Ersatzhospitalero, uns alles erklärt hat und gegangen ist, gucken wir uns nur an und beschließen einstimmig, hier nicht zu bleiben. Es ist uns doch ein bisschen gruselig und der wohl ehemalige Stall sehr zugig. Sobald die Sonne weg ist, wird es doch noch sehr ungemütlich kühl und in der Nacht ... Wir hinterlassen unsere Spende, schließen fein ordentlich alles ab und gehen zum Hotel, das für Pilger sowohl auf den Zimmerpreis als auch auf das Tagesessen einen Preisnachlass gibt. Joa, hier fühlen wir uns doch viel wohler.